Liebe Mitbürger,

zu den Grundlagen Europas gehört die Demokratie. Und so wie viele andere unserer Wurzeln ist auch sie auf mannigfache Weise gefährdet. Demokratie muss gepflegt werden damit sie erhalten bleibt.

Sehen wir uns zunächst einige zentrale Aspekte von Demokratie und ihre Entwicklung in Europa an:

Demokratie bedeutet „Herrschaft des Volkes“. Sie setzt also die Existenz eines Volkes voraus. Das mag trivial erscheinen, doch wir werden sehen, wie wichtig dieser Aspekt ist. Außerdem ist sie eine Form von Herrschaft, also nicht Anarchie oder Kampf aller gegen alle.

Die Denker der griechischen Antike sahen die Volksherrschaft in Opposition zur Adelsherrschaft wie auch zur Herrschaft eines einzigen, zur Monarchie. Das Volk, (der „Demos“) sollte selbst über seine Geschicke entscheiden. Alle, die nicht zum Demos gehören, das heißt alle, die keine Staatsbürger sind, sind somit von der Herrschaft ausgeschlossen.

Ausdruck der Demokratie war die Volksversammlung aller Bürger, welche nicht nur wichtige Entscheidungen traf, sondern auch die Beamten wählte. Dieses System setzt den Stadtstaat voraus, denn nur in seinem Rahmen ist solch eine Versammlung möglich. Es würde im Rahmen dieses Beitrags zu weit führen, alle Verästelungen der antiken Staatsformen zu beschreiben, wir wollen uns deshalb auf einige grundlegende Elemente beschränken:

Zum einen ist da der Grundsatz der Mehreitsentscheidung. Er ist auch für die Minderheit bindend. Zum anderen gehört zur Demokratie auch die Freiheit: sowohl die Freiheit, sich in öffentliche Ämter wählen zu lassen und am politischen Leben teilzuhaben, als auch die Freiheit, das individuelle Leben so zu gestalten, wie man will. Sodann die Einschränkung und Kontrolle derer, denen man politische Ämter übergibt, z. B. durch die zeitliche Begrenzung der Amtsdauer, der Kollegialität (d. h. es werden keine Alleinherrscher gewählt), der Rechenschaftspflicht usw.

Neben den griechischen Poleis und der römischen Republik ist auch die germanische Einrichtung des Things zu erwähnen, die Versammlung der freien Männer. In Island beispielsweise beschloss das Thing im Jahre 1000, das Christentum einzuführen.

Im hohen und späten Mittelalter waren es die Städte, in denen Abstimmungen nach dem Mehrheitsprinzip aufrechterhalten wurden, allerdings nicht für alle Bürger. Doch griff man mit der Zeit immer stärker auf antike Vorbilder zurück und debattierte, ausgehend von antiken Texten, über die rechte politische Ordnung. Unterdessen setzte sich in ländlichen Schweizer Kantonen die Landsgemeinde als demokratische Debatten- und Abstimmungsversammlung durch.

All diese Formen hatten gemein, dass sie kleine politische Einheiten betrafen. Für größere Gebilde und die später entstandenen Nationalstaaten setzte sich das demokratische Prinzip erst später durch, notwendigerweise ergänzt um ein weiteres Prinzip, die Repräsentation der Stimmberechtigten durch gewählte Vertreter.

Die Demokratie ist ein Erfolgsmodell Europas. Doch sie lebt von Voraussetzungen, die sie selbst nicht geschaffen hat und nicht schaffen kann. Da ist zum einen die Orientierung am Gemeinwohl. Wenn sich demokratisch getroffene Entscheidungen nicht daran orientieren, was für alle das Beste wäre, sondern Partikularinteressen dienen, schaden sie auf Dauer dem Ganzen. Doch dies kann weder durch formale Regularien noch durch Gerichtsbeschlüsse erzwungen werden, sondern hängt einzig vom guten Willen und der Klugheit der Abstimmenden bzw. ihrer Wähler ab.

Sodann erfordert das Prinzip des Mehrheitsentscheids, der auch für die Minderheit verbindlich ist, eine gewisse Homogenität. Damit ein Volk (Demos!) ein Volk ist und bleibt, muss es ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und gewisse gemeinsame Werte haben. Wo es dauerhaft strukturelle Minderheiten gibt – zB. ethnischer, sprachlicher oder religiöser Art – besteht entweder die Gefahr einer Diktatur der Mehrheit über die Minderheit oder der Zerfall des Staates in Einzelgruppen mit jeweiligen Sonderinteressen. Bezeichnenderweise waren die Vielvölkerstaaten Europas – die Habsburgermonarchie und Russland – auch die am stärksten autokratisch und undemokratisch regierten.

Und damit wären wir bei den Gefahren die der Demokratie heute drohen. Da ist zum einen die EU, die kein Staatsvolk kennt und deswegen ihrer Natur nach keine Demokratie sein kann. Dass die Brüsseler Zentrale mit dem enormen Einfluss nicht demokratisch gewählter Lobbyisten immer mehr Kompetenzen an sich zieht und zu glauben meint, sie wisse schon selbst, was für die europäischen Völker gut sei, ist eine bedenkliche, ja bedrohliche Entwicklung. Und wenn EU-Gerichte nationale Abstimmungen für ungültig erklären können, dann ist die Souveränität der demokratisch verfassten Nationalstaaten ausgehöhlt.

Eine weitere Gefahr ist das Aufkommen von Parallelgesellschaften in den westlichen Staaten. Wo der Demos verschwindet und heterogene „Communities“ an seine Stelle treten, da verschwindet auch die Demokratie. Hinzu kommt die zunehmende Forderung nach Quoten für alle möglichen Gruppen. Damit wird das Mehrheitsprinzip vor allem aber die Gleichheit der Stimmen verletzt.

Und schließlich braucht Demokratie auch das Forum der Öffentlichkeit, die freie und kontroverse Debatte. Diese ist heute schon oft nicht mehr gegeben. Wenn die Justiz mit neu erfundenen Delikten wie „Hassrede“, „Diskriminierung“ o. ä. Andersdenkende verfolgt und wenn die Massenmedien kontroverse Meinungen nicht mehr gleichberechtigt abbilden, wenn das Äußern gewisser Meinungen soziale Ächtung nach sich zieht, dann ist die Demokratie massiv untergraben, auch wenn demokratische Strukturen formal noch intakt sein mögen.

All diese Gefahren sind eine ernsthafte Bedrohung und deren Abwendung wird nicht wenig Kraft beanspruchen. Die AfD und im EU-Parlament die Fraktion Identität und Demokratie (nomen est omen!) hat sich die Verteidigung der nationalen Souveränität und die Wiederherstellung einer echten Öffentlichkeit auf die Fahnen geschrieben. Unterstützen auch Sie unseren Einsatz für die Demokratie!

Herzliche Grüße aus Brüssel

Ihr

Joachim Kuhs